25.05.2018
"Planloser“ Haushalt in Gessertshausen

Die Gemeinderäte der FW Gessertshausen haben in der Haushaltssitzung sowohl den Haushalt 2018 als auch den Finanzplan für die folgenden Jahre abgelehnt. Die Freien Wähler Gessertshausen e.V. stehen voll hinter dieser Entscheidung ihrer Gemeinderäte. Insgesamt wurde der Haushalt mit 5 Gegenstimmen beschlossen, während der Finanzplan mit 8:8 Stimmen abgelehnt wurde. Was ist da passiert?

Die Gründe waren durchaus aus der Sitzung zu entnehmen. Wir wollen sie jetzt nacheinander diskutieren und bringen sie dafür in eine gedanklich nachvollziehbarere Reihenfolge.

Zunächst hatten die Gemeinderäte den vollständigen Finanzplan erst auf mehrfaches Drängen überhaupt erst erhalten. Genau in diesen Teilen finden sich aber die Themen, über die sich der Gemeinderat Gedanken machen muss. Der Haushalt für das Kalenderjahr 2018 hat trotz eines Defizits von gut 1 Mio. Euro im Verwaltungshaushalt daher in der aktuellen Situation nicht die gleiche Bedeutung für die finanzielle Zukunft unserer Gemeinde wie der Finanzplan.

Zunächst mussten die Gemeinderäte feststellen, dass im vorgelegten Zahlenwerk die Salden des Verwaltungshaushalts (also das Ergebnis der laufenden Einnahmen und Ausgaben der Gemeinde), nicht mit den entsprechenden Positionen im Vermögenshaushalt (Investitionen und Entnahmen aus der Vermögenssubstanz der Gemeinde) in die sie übertragen werden, übereinstimmten. In verblüffender Offenheit wurde dargelegt, dass hier nachträglich geändert wurde. Allerdings lagen den Räten nicht beide aktuelle Fassungen vor. Sie sollten also über ein Rechenwerk abstimmen, das nicht einmal in den Endbeträgen übereinstimmt. Transparenz geht wahrlich anders.

Im Verlauf der Sitzung wurde sehr klar, dass die Gemeinderäte nicht über die nötigen Informationen darüber verfügen, ob die geplante Kreditaufnahme mit knapp 5 Millionen Euro - eine für die Gemeinde bislang ungekannte Größenordnung - überhaupt zur Zahlung der noch ausstehenden Betrage reichen wird. Vielmehr mussten sie zur Kenntnis nehmen, dass z.B. ein Betrag von 1 Mio. Euro, der für die Erneuerung der Aufbereitungsanlage in Deubach benötigt wird, gar nicht vollständig im Zahlenwerk enthalten ist! Es muss also davon ausgegangen werden, dass die vorgelegte Planung nicht das Papier wert ist, auf dem sie steht und demzufolge der geplante Kreditrahmen auch von vorneherein falsch bemessen ist.

Auf Nachfrage erfuhren die Gemeinderäte, dass geplant wurde, die 5 Mio. Euro Kredit mit 500.000 Euro pro Jahr zu tilgen. Wer sich nun ein bisschen auskennt, der weiß, diese Tilgung muss regulär aus dem Überschuss des Verwaltungshaushaltes bedient werden. Doch ein nennenswerter Überschuss ist in den nächsten Jahren gar nicht geplant. Konkret bedeutet das, die Gemeinde kann die Tilgung der erforderlichen Kredite nicht aus dem laufenden Haushalt bezahlen. Wer sich je dafür interessiert hat, was eigentlich das Problem mit Griechenland war, dem sei die aktuelle Haushaltsdebatte in Gessertshausen empfohlen. Tatsachlich wird es wohl unumgänglich sein, entweder den Bürger zur Kasse zu bitten, das Tafelsilber zu verhökern oder beides. Rücklagen gibt es keine mehr.

Damit hier kein falscher Eindruck entsteht. Die Investitionen sind unumgänglich. Sowohl die Trinkwasserversorgung als auch der größte Teil des Bürgerhauses (das ja weitestgehend eine Erweiterung des Kindergartens ist) sind Pflichtaufgaben der Gemeinde. Die Entscheidungen für deren Bau oder Erneuerung wurden vom Gemeinderat getroffen und damit ist auch klar, dass die Maßnahmen bezahlt werden müssen. Das ist auch gar nicht der springende Punkt.

Ein Bild mag verdeutlichen, wo das Problem liegt. Ein Handelskontor finanziert eine Schiffsfahrt über den Ozean. Nach einem Viertel der Reise ist die halbe Mannschaft von Bord gegangen und das Schiff leckt. Gerade jetzt erreicht das Schiff aber den gefährlichsten Abschnitt des Weges. Untiefen und gefährliche Riffe liegen vor ihm und die Sicht ist schlecht. Was erwarten nun die Eigner und Geldgeber von ihrem Kapitän? Nun, ganz klar. Das Wichtigste ist, einen klaren Kurs zu steuern und diesen der Mannschaft und den Offizieren rechtzeitig und klar mitzuteilen. Unklare Ansagen oder unvollständige Orders gefährden das gesamte Unternehmen. Die Aufgabe, klar und unmissverständlich aufzuzeigen, wie der zukünftige Kurs sein soll, hat in der Haushaltsberatung der Finanzplan. Enthält dieser nicht vollständig die Höhe und Zeitpunkte der Einnahmen und Ausgaben, mit denen das Rathaus rechnet, kann man nicht ernsthaft von einer Planung sprechen.

Den Gemeinderaten blieb daher gar nichts anderes übrig, als ein deutliches Zeichen zu setzen und  den Haushalt abzulehnen. Ein lapidares "Wir machen dann schon irgendwas" reicht nicht. Ob und zu welchem Preis gemeindliches Vermögen verkauft und dem Bürger Beitrage abverlangt werden sollen, muss der Gemeinderat entscheiden können, Damit er das kann, muss er aber frühzeitig, richtig und vollständig informiert werden. Um genau diese Entscheidungsmöglichkeit aufrecht zu erhalten, musste der Finanzplan abgelehnt werden. So ist der Haushalt der Gemeinde bis dato eben „planlos".